Walter Bruno Iltz
Die Enttarnung eines Helden
von Paulus Manker
EUR 22,-
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Format 21 x 28 cm
160 Seiten
Mit 94 Abbildungen
Titel: Porträt Walter Bruno Iltz von Heidi Baratta
in der Ehrengalerie ehemaliger Direktoren des Wiener Volkstheaters,
enthüllt am 23. Oktober 2011
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Walter Bruno Iltz kommt in der Theaterforschung so gut wie gar nicht vor. Niemand hat sich bisher um ihn gekümmert, niemand hat sich seiner Person angenommen, niemand hat sich für ihn interessiert. Er galt als Nazi-Direktor eines KdF-Theaters in Wien, von den Machthabern eingesetzt, davor war er zehn Jahre lang Generalintendant in Düsseldorf. Was konnte er da anderes sein als ein willfähriger Parteigünstling?
Doch Walter Bruno Iltz ist in Wahrheit ein heimlicher Held gewesen.
Man kann es wohl anders nicht sagen. Und das ist selten, gerade bei Künstlern, speziell im Dritten Reich. Opportunismus ist jedes Schauspielers heimlicher Vorname. Umso erstaunlicher ist es, dass es einen wie Iltz gegeben hat, aber noch erstaunlicher, dass sich bisher niemand für ihn interessiert hat.
Nur selten wurde von seinem Mut gesprochen, seiner Integrität, seinem persönlichen Einsatz. »Er war kein Nazi«, berichtete der Regisseur Gustav Manker, »er war ein toller Bursch, ein fabelhafter«. Der Komponist Kurt Weill schätzte seine »persönliche Überzeugung und Courage«, der Schauspieler O. W. Fischer nannte Iltz' Theater »die sicherste Burg demokratischen Freiheitsgeistes« und die Sängerin Rosa Landwehr schrieb: »He was a loyal democrat and never became a Nazi, even under pressure«. Die Schauspielerin Dorothea Neff, die im Krieg eine Jüdin bei sich versteckte, nannte Iltz »sauber und unparteiisch« und Trude Havel schrieb ihm: »Ich habe und werde es nie vergessen, daß Sie, in diesem unseligen Regime, der Erste waren, der mir als Mensch und Herr entgegengetreten ist und keinen Anstoß daran genommen hat, daß ich die Frau eines ›rassisch Geächteten‹ war«, ihre Kollegin Judith Holzmeister urteilte »das war ein ganz feiner Mann«, und Inge Konradi forderte sogar: »Man müsste ihn eigentlich auf ein Podesterl stellen, denn er war der Lebensretter des Volkstheaters. Sein persönlicher Mut besitzt Seltenheitswert!«
Schon vor Hitlers Machtergreifung war Iltz bei den Nationalsozialisten verhasst. Wegen seiner jüdischen und kommunistischen Ensemblemitglieder, wegen der Protektion avantgardistischer Komponisten, wegen seines Spielplans. Doch Iltz verteidigte mutig die Juden an seinem Haus, stand zu seinem Ensemble und listete in einem Brief an die NSDAP sogar das Verdienst von Juden bei der Mitarbeit an Opern auf, die von den Deutschen geliebt wurden. Und zum fünfzigsten Todestag Richard Wagners ließ er gegen den wütenden Protest der Nationalsozialisten ausgerechnet den jüdischen Dirigenten Jascha Horenstein die Feierstunde dirigieren.
Nach Hitlers Machtergreifung forderte die NSDAP Göring auf, Iltz sofort zu entlassen, da sich sein Theater »durch die Bevorzugung von Juden und Kommunisten« auszeichne. Da Göring ablehnte, stellte man Iltz einen NS-Dramaturgen zur Seite, beschnitt seine Kompetenzen und machte ihm das Leben zur Hölle.
So gelangte Iltz 1938 nach Wien, ans erste »Kraft durch Freude« –Theater im Deutschen Reich. Und auch hier, am Deutschen Volkstheater, behütete er Ensemble und Spielplan, wehrte den Zwang, Propagandastücke zu spielen, so gut es ging ab, beschützte Regimegegner am Haus, engagierte den Kommunisten Günther Haenel als Oberspielleiter und duldete unter dessen Regie sogar systemkritische Aufführungen auf der Bühne.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Iltz dennoch als Nazi denunziert, die amerikanische Militärregierung entzog ihm die Arbeitslizenz. Er strengte ein Verfahren vor der Spruchkammer in Nürnberg an, das mit der Feststellung endete, dass er »niemals mit der Partei sympathisiert« hatte. Die Entnazifizierungskommission schließlich urteilte 1949 klar und deutlich: »In der Judenfrage nahm Iltz eine mutige Haltung ein. In der Wiener Zeit versuchte er im Rahmen des Möglichen, NS-Geist von den KdF-Bühnen fernzuhalten.«
Mit der vorliegenden Dokumentation soll W. B. Iltz rehabilitiert werden und auf die Bühne der Theatergeschichte zurückkehren. Nach intensiver Suche habe ich Im Frühjahr 2011 seinen umfangreichen Nachlass entdeckt, der aus tausenden Briefen, Dokumenten und Photos besteht, und vielleicht der spektakulärste theatergeschichtliche Fund der letzten Jahre ist. In monatelangen Recherchen wurden die Zeugnisse seines Lebens zusammengetragen, aus Archiven in Berlin, Düsseldorf, Nürnberg, Wien und New York. Die Enthüllung seines Porträts in der Ehrengalerie ehemaliger Direktoren des Wiener Volkstheaters am 23. Oktober 2011 folgte dieser Intitiative.
Paulus Manker, im Oktober 2011
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